Auf den Film heute habe ich mich lange Zeit gefreut, nicht
weil das Thema so witzig ist, aber ich mag deutsche Filme. Leute die sagen aus
Deutschland käme nichts was gut sei in Sachen Film, ja die haben keine Ahnung
und sind voreingenommen. Auf Picco wurde ich aufmerksam im Stern oder Spiegel,
wo der Film vorgestellt wurde. So grob wusste ich also dass die Geschichte sich
um den Foltermord im Jugendknast, die Geschichte von Hermann H. der im Knast
von Mithäftlinge gefoltert wurde bis er starb war mir sogar noch im Kopf, aber
dazu in der Besprechung mehr. Der Film hatte viele Vorschusslorbeeren bekommen,
hier ist die Gefahr dann immer das ich zu viel erwarte und dann enttäuscht
werde.
SPOILERANFANG
Kevin ist neu im Knast im 4 Mann Zimmer der ‚Picco‘, also
der Neue und in der Rangordnung ganz unten. Aber nicht nur im Zimmer hat es
Kevin schwer, auch im Knast selbst bei den anderen Mithäftlingen ist der Neue
erst mal ganz unten und kriegt dies auch von allen Seiten zu spüren. Auf seinem
Zimmer sind Marc, der gerne alles mit den Fäusten regelt und im Zimmer den Ton
angibt. Tommy der Dealer ist, wenn es so etwas im Knast gibt, der beste Freund
von Marc, keine schlechte Stellung, Marc macht und Tommy ist in seinem Schatten
sicher und bestätigt Marc in seinem Handeln. Dann ist da noch Andy, der eher
ruhig ist, aber sich eingelebt hat im Knast und durchaus sich zu wehren weiß,
vielleicht nicht mit Kraft, aber aus dem Hinterhalt.
Der einzige der Kevin nicht fertig macht ist ein anderer
Häftling aus einem anderem Zimmer, sicher auch nicht die Leuchte, aber man
klammert sich in der Situation an alles was da ist. Leider bekommen die anderen
Insassen den Haftbefehl des Typen in die Hände und erfahren dass er mal als
Stricher gearbeitet hat. In der Wäscherei kommt es zum Eklat und der Typ wird
vergewaltigt als die Wärter abgelenkt werden. Kevin will helfen, doch Andy hält
ihn zurück, da sonst Kevin sich in die Schusslinie bringt und auch fertig
gemacht werden würde. Es kommt wie es kommen muss, in einer Nacht gibt es
Geschrei im Knast, am nächsten Morgen erfährt Kevin dass der einzige Freund den
er hatte den Druck nicht mehr aushalten konnte und sich umgebracht hat.
Der Neue wird erstmal begrüßt |
Doch Kevin will nicht mehr das Opfer sein im Knast, in einer
Sportstunde schlägt er einen Typen nieder und im Zimmer wo er wieder den
Abwasch machen soll und aufräumen für alle Insassen haut er auch auf den Tisch
und zwingt Andy dazu es zu machen. Sehr zum Spaß von Marc und Tommy, die
Rangordnung hat sich gewandelt und die beiden hauen auch voll mit in die Kerbe
und demütigen Andy wie sie nur können.
Es wird Wochenende,
die Insassen sind nun erst mal auf sich gestellt und Andy kriegt den vollen Hass
seiner Mitbewohner ab, das ganze Steigert sich immer mehr bis die Spirale nicht
mehr aufzuhalten ist. Mit einem Besenstil wird Andy vergewaltigt und ins Gesicht
geschlagen bis zur Bewusstlosigkeit. Doch wie soll es weiter gehen? Eine Pro
und Contraliste über Andy wird gemacht, Kevin ist der der am meisten Contra
gibt um Andy zu schonen, doch die Pros sind einfach vom Gewicht her für Marc
und Tommy mehr. Andy muss weg, wenn der sie anzeigt sitzen sie noch länger. Da
er sich schon mal was antun wollte muss er sich halt ‚weghängen‘. Doch ganz egal was die drei mit Andy machen,
er will nicht sterben und will sich nicht selbst umbringen. Tommy und Marc setzen
Kevin solange unter Druck bis er Andy, dem sie schon ein Galgen aus Bettlaken gebaut
haben, den Stuhl wegzieht. Marc und Tommy halten Kevin dann auch davon ab Andy
zu helfen. Am Morgen rufen sie die Wärter, sie hoffen darauf nun früher raus zu
kommen, da das passieren kann wenn jemand sich in der Zelle das Leben nimmt.
Das schlechte Gewissen nagt an allen, niemand wollte den Mord, es hat sich
immer mehr hochgeschaukelt. Man muss nun zusammen halten erklärt Marc und wenn
das nichts hilft war es ja Kevin der Andy letztlich umgebracht hätte.
SPOILERENDE
In der Rangordnung ist Kevin nicht sehr weit oben. |
Picco wurde durchaus auch in Jugendgefängnissen gezeigt, wie
in den Extras erklärt wird, hier waren gerade am Anfang dumme Sprüche der
Zuschauer zu hören und Zustimmung beim runter machen von Schwächeren, während
am Ende es komplett ruhig war und die Zuschauer mehr auf den Boden als auf den
Bildschirm schauen. Einige der Zuschauer meinten nach dem Film dass sie heute
nicht hier wären wenn sie den Film früher gesehen hätten.
Nun aber zu sagen dass Picco die Gesellschaft ändern will,
wäre wohl zu viel, der Film zeigt eher Missstände auf und das tut er in dem er
niemanden wirklich als Täter hinstellt oder anprangert. So ist die Figur des Kevin
geschickt gewählt, Kevin ist kein böser Mensch, er besitzt Mitgefühl und ein
Gerechtigkeitssinn, dennoch wird er ein Täter. Auch Marc wird nicht als
skrupelloses Monster hingestellt, keiner der 3 Täter wird dies. Dennoch
geschieht die Tat, weil es irgendwann zu spät ist einfach aufzuhören.
Fiktion oder Realität?
Picco ist nach einer wahren Begebenheit gedreht, dem
Foltermord im Siegburger Knast an Hermann H., trotzdem ist Picco keine 1:1
Verfilmung der Ereignisse. Natürlich sind viele Sachen ähnlich wie man sie auch
in der Zeitung hat lesen können. Bei Hermann war es dann so dass die Folterei
wohl ähnlich ablief, Wochenende, langeweile, die Sache spitzt sich zu. Einzelne
Dinge sind so Geschehen, etwa die Vergewaltigung oder dass das Opfer die
Wächter rief ein Mithäftling dies aber als Scherz hinstellte. Das sich die
Zellennachbarn über den Lärm beschwerten. Das man von ‚weghängen‘ spricht und
hofft dann früher raus zu kommen, das man eine Pro und Contraliste anfertigt.
Das weghängen selbst war wohl aber noch heftiger. So riss der Strick wohl in
echt mehrfach und da Hermann immer noch lebte bot man ihm noch eine letzte
Zigarette an da er sich die verdient hätte.
Die Dinge die vorher geschehen aber sind nicht exakt so bei
der Sache in der Haftanstalt in Siegburg geschehen. Regiesseur Patrick Koch, hatte in der
Vorarbeit viel mit Häftlingen gesprochen und war in Jugendgefängnissen
unterwegs um sich ein Bild zu machen wie die Menschen hier leben. So sind
Szenen wie die Geburt des Kindes auf DVD zu sehen vielleicht nicht in Siegburg
geschehen, aber durchaus keine Fiktion.
Man hatte für den Film das Glück ein stillgelegtes Gefängnis
nutzen zu können, die Schmierereien am Anfang sind zum Beispiel nicht für den
Film entstanden, sondern man filmte halt einfach die Wände der Zellen ab.
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Der Darsteller von Marc kam mir auch bekannt vor, sein Name Frederick Lau, sagte mir aber nicht. Ein Blick auf seine bisherigen Rollen macht aber deutlich dass Frederick schon recht viel gemacht hat und sicher ist er mir in 'Die Welle' aufgefallen. Weitere Filme mit ihm wären 'Türkisch für Anfänger' oder 'Neger, Neger Schornsteinfeger'. Auch in der Fernsehlandschaft tummelt er sich: Mehrere Auftritte im Tatort und Gastrollen in Serien wie Doctors Diary oder Alarm für Cobra 11, Schloß Einstein.
Joel Basman ist Tommy im Film, ich finde diese Rolle ist die die am blassesten bleibt. Vielleicht auch weil Szenen die Tommy umschreiben es nicht in den Film gebracht haben. Joel hat auch einige Dinge schon gemacht wie etwa Löwenzahn 'The Movie'. Einige Tatortrollen oder eine Rolle in Polizeiruf 110.
Bleibt der letzte im Bunde: Andy Darsteller Martin Kiefer, auch er hat schon in verschiedenen Tatorten mitgewirkt, Soko Köln, Soko Leipzig oder das Großstadtrevier.
Fazit: Großartiger Film, aber auch ein beklemmender Film,
sicher nichts für schwache Nerven. Auf der anderen Seite sollte man vielleicht
bei Missständen gerade nicht wegsehen und ich kann den Film daher wirklich nur
jeden empfehlen! Mit ziemlicher Sicherheit ein Film der einen beschäftigt und
über den man nachdenken wird. Für mich alles in allem eine Wertung von 9 von 10
möglichen Punkten.
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