Mittwoch, 8. Juli 2015

Mein Freund Dahmer

Ein ungewöhnlicher Comic über den ich heute sprechen möchte, denn ‚Mein Freund Dahmer‘ erzählt die Geschichte eines Serienmörders, halt wie der Titel schon verrät von Jeffrey Dahmer, der als Milwaukee Monster traurige Berühmtheit erlangte.
Ungewöhnlich sind verschiedene Sachen am Comic, zum einen der Zeichenstil, der komplett in schwarz-weiß gehalten wurde. Er kommt sehr comicartig rüber, die Figuren haben ein sehr rundlichen Look und man muss sich erstmal an diesen Stil gewöhnen, was allerdings nicht schwer fällt und man so A.) schnell in der Story drin ist und B.) dem ganzen auch ein wenig den Schrecken nimmt.
Das zweite ungewöhnliche ist das die Story nicht den Serienmörder beschreibt, sondern seine Zeit vor den Morden. Wer also hofft hier einen blutigen Slashercomic zu bekommen, der wird enttäuscht sein, aber genau das macht diesen Comic auch so stark. Man wirft einen Blick hinter die Maske, ein von den Medien geschaffenes Monster wird demontiert und menschlich gemacht. Die Sträke ist das der Autor keine Wertung ergreift, er stellt Dahmer nicht als Opfer hin der nichts für seine Taten kann, er zeigt aber auch das Versagen des Umfeldes an in dem sich Dahmer bewegte. Seine Eltern die sich mehr um ihre Probleme kümmerten als um die ihres Sohnes und auch die der Lehrer, die ebenfalls die Augen verschlossen obwohl ein Alkoholproblem mehr als offensichtlich war.
Einzig sich selbst und seine Klassenkameraden nimmt der Autor aus dem Schussfeld, man war jung und naiv und wusste nicht was man tat. Da kann man geteilter Meinung sein finde ich, komme ich später noch einmal drauf zurück.
Der Comic wirkt sehr authentisch, Derf Backderf, der Autor des Comics unterstreicht dies in dem er ein sehr ausführlichen Epilog dem Comic anhängt, hier erklärt er noch einmal jede Szene und warum und weshalb er sie in den Comic einbaute und woher er die Information hatte dass das so passiert ist. Er selbst war ein Klassenkamerad von Dahmer und die Story fängt da an wo er ihn zum erstenmal bewusst wahrnahm. Sachen die nicht aus seinen Erinnerungen stammen, stammen von Interviews und Protokolle über geführte Verhöre die Backderf gelesen hat, aber er selbst befragte auch viele Mitschüler und Lehrer.
So entstand aus einem Mosaik an vielen kleinen Geschichten eine Nachzeichnung von prägenden Jugendjahren von dem Serienmörder. Ein Einzelgänger der tote Tier mit nach Hause nahm um sie zu sezieren und sie in Säure aufzulösen. Der mit seinem kleinen Bruder in einem engen Haus wohnten in dem ihre depressive Mutter Anfälle hatte und im ständigen Streit mit dem Vater stand. In der Schule ein Einzelgänger, der nur durch die nachgemachten Anfälle seiner Mutter Aufmerksamkeit bekam und so das erste mal eine Art Freundschaft zu seinen Mitschülern entwickelte. Er wurde eine Art Maskottchen, was man lustig fand, belächelte, mitschleifte, immer dabei jedoch nie wirklich integriert. Hinzu kam das Dahmer anfing zu trinken und immer weiter abrutschte, wie auch seine Familie immer weiter zerbrach, sein Vater zog aus und auch seine Mutter zog weg, so dass Jeff schließlich alleine in dem Haus wohnte wo einst seine Familie war. In genau dieser Zeit geschah der erste Mord und hier setzt der Comic dann aus und endet. Es kommen noch ein paar Szenen wie Dahmer von der Polizei angehalten wird als er die Leiche entsorgen will, sie jedoch mit einigen Lügen loswird.
Hier greift der Autor das einzige mal auffallend wertend im Epilog ein und gibt den Polizisten eine Mitschuld, hätten die ihn richtig kontrolliert wären 16 Menschen noch am Leben und dies wäre der einzige Mord geblieben. Für jemanden der nicht in der Situation dabei war und sich selbst freispricht von jeder Schuld finde ich das etwas seltsam. Denn lässt man die Story auf sich wirken wusste er wenn auch nicht gleich dass Dahmer ein Alk-Problem hatte und seine Familie nicht die beste war. Es wurde aber nicht einfach die Augen verschlossen sondern die Mitschüler ließen ihn zum Teil mitlaufen, sofern er sie erheiterte. Wenn man hier keine Schuld aufkommen lassen will, sollte man diese auch nicht an Polizisten weitergeben, die bei einem Jugendlichen auf dem Dorf mal nen Auge zugedrückt haben.
Ansicht wie der Zeichenstil ist
Andere Mitschüler taten dies auch scheinbar nicht, so meinte einer der sich später als homosexuell geoutet hat dass er oft drüber nachgedacht hat ob alles nicht gut ausgegangen wäre wenn er und Jeff, der auch schwul war, was miteinander angefangen hätten. Wenn er halt dann einen richtigen Anker und eine normale Beziehung zu einem Menschen gehabt hätte als nur Ablehnung, Einsamkeit und Verlust. Dennoch auch wenn man es so liest und Dahmer nun als Opfer ansieht, letztlich hat er getötet und das 17 mal und nach dem ersten mal absolut ohne Mitleid. Dies wird alles im Comic nicht ausführlich besprochen, kann man aber auf Wikipedia nachlesen. Ganz egal was man erlebt hat, es gibt einem niemals das Recht andere Leute zu töten, zu quälen und zu fressen. Denn genau das tat Dahmer, er verspeiste zum Teil seine Opfer, er experimentiert an einem der Opfer, bohrte mit einer Bohrmaschine Löcher in den Kopf und füllte Säure ein um ihn zu willenlosen Sklaven zu machen, was natürlich nicht klappte. Das ist einfach nur abstoßend krank und trotz der traurigen Vorgeschichte nicht entschuldbar.

Als Fazit kann man sagen das ‚Mein Freund Dahmer‘ mit Sicherheit nicht für jeden Geschmack etwas ist, ich fand es aber durchaus interessant. Man weiß was für ein Monster aus dem Jungen wird der einem durchaus leid tun kann. Wenn man sich also für eine Vorgeschichte eines Serienmörders interessieren kann, sollte man mal ein Blick in den Comic werfen. Ich jedenfalls bereue es nicht den Comic gelesen zu haben und glaube nicht das man Dahmer noch näher kommen kann.

Mein Freund Dahmer von Derf Backderf erschien im April 2013 im WALDE + Graf / Metrolit Verlag und kostet als gebundene Ausgabe 22,99 €. Bei Amazon auch als Kindleversion für 9,99 € verfügbar.

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