Samstag, 7. Januar 2012

Der Baader Meinhof Komplex

Ich freute mich wirklich als ich hörte dass man einen Film über die raf machen würde. Der Baader Meinhof Komplex ist ein fettes Buch was viele Jahre der Terrorbande behandelt, schon im Vorfeld waren Kritiker daher skeptisch ob das Thema in einem Film überhaupt behandelbar sei. Oder ob man damit nur an der Oberfläche kratzt und die Charakter zu oberflächlichen Deppen verkommen. Kritik die auch nach der Veröffentlichung nicht verstummte, über die man sich aber selbst ein Bild machen sollte.

SPOILERANFANG
Die Gewalt schaukelt sich immer höher, heute
unvorstellbar was damals in Deutschland los war.
Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin, finden zusammen nachdem Baader und Ensslin geschnappt worden waren, die beiden hatten den Aufstand gegen das System versucht. Krieg in Vietnam, Ex-Nazis in der Regierung und in den Chefetagen, man wollte nicht den gleichen Fehler machen wie die Elterngeneration und nicht wegschauen wenn Unrecht geschieht. Die Star Kolumnistin Meinhof stößt zu den beiden und verstickt sich immer mehr in deren Welt im Untergrund.
Es kommt so weit das man fliehen muss aus Deutschland und im Ausland ein Terrorcamp besucht, hier wollen sich die Mitglieder der raf für den Stadt-Guerilla Kampf schulen lassen. Horst Herlod der Leiter des Bundeskriminalamtes versucht sich in die Gedankenwelt der Terroristen zu versetzen auch ihm ist es zu verdanken das man alle drei Köpfe der raf schließlich fängt nachdem diese dem Staat den Krieg erklärt haben, Banken ausraubten und Anschläge verübt haben. Doch im Gefängnis in Stammheim ist nach der Festnahme der ersten Generation der raf noch kein Ende des Terrors zu sehen, der deutsche Herbst geht erst richtig los. Während die erste Generation Beamte ins Visier genommen hatte, also Leute die dem Staat dienen werden nun auch Zivilisten zu opfern des Terrors um Baader, Meinhof und Ensslin aus dem Gefängnis zu pressen. So wird Hanns Martin Schleyer entführt, in Stockholm die deutsche Botschaft überfallen und Geiseln genommen und natürlich auch der Ferienflieger Landshut entführt. Bis zu diesem Zeitpunkt genoss die raf noch Ansehen in der Bevölkerung, sicher auch durch den Hungertot von Holger Meins und der 3 Jahre andauernden Isolationshaft von Ensslin, Baader und Meinhof, doch hier eskaliert die Gewalt mehrfach und wohl für niemanden hinnehmbar. Die Insassen im Gefängnis stehen natürlich auch unter Druck und es kommt zum endgültigen Zerwürfnis zwischen Enslin und Meinhof. Letztere nimmt sich daraufhin das Leben. Nachdem die Geiselnahme in der Botschaft schon fehl schlug und blutig beendet wurde und nun auch noch die Landshut befreit wurde und hier sogar ein Blutbad verhindert wurde, werden Baader und Ensslin sowie der Mitgefangene Raspe am nächsten Morgen tot in ihren Zellen gefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin. Nachdem die führenden Köpfe der raf Geschichte sind sieht man als letztes wie Hanns Martin Schleyer in einem Wald erschossen wird.
SPOILERENDE

Holger Meins, festgenommen und anschließend im
Hungerstreik verstorben.
Ich habe probiert mich vage zu halten, den Film 1:1 wiederzugeben wäre mir zu lang gewesen, auch wenn jeder Teil erwähnenswert ist. Erzählt wird hier wirklich nur die Geschichte von den drei Köpfen Baader, Ensslin und Meinhof. Das brachte dem Film Kritik, da Themen wie die Entführung der Lufthansamaschine, oder die von Hanns Martin Schleyer nur angerissen werden. Aber dieser Film macht dies durchaus bewusst, er will sich mit der ersten Generation der raf auseinandersetzen, die anderen Taten wurden von der zweiten Generation durchgeführt. Finden daher durchaus Erwähnung aber eben nur aus der Sicht von Baader und Co, also aus dem Gefängnis. Wer sich für das Thema interessiert sollte sich die Filme Mogadischu und Todesspiel ansehen, perfekte Ergänzungen für den Baader Meinhof Komplex.

Der Film selbst warb damit authentisch zu sein, man hatte sich bemüht weites gehend die Geschehnisse so wiederzugeben wie sie stattgefunden haben. Autokennzeichen wurden übernommen, bekannte Bilder in den Film eingebaut. Die Bücher im Regal von Ulrike Meinhofs Zelle sind in genau der Reihnfolge wie sie sie auch tatsächlich gelagert hatte und selbst die Schüsse bei der Entführung von Schleyer waren abgezählt. Es wurde also genauso oft geschossen wie in der Realität auch.
Brigitte Mohnhaupt verklagte den Film wegen einer Szene, als sie aus dem Knast kam sagt sie im Film sie hätte seit 5 Jahren keinen Mann mehr gefickt und treibt es danach mit Boock. Da dies nicht so gewesen sein soll, wollte sie eine Änderung des Films erwirken, was jedoch auch in letzter Instanz abgelehnt worden ist.
Auch wurden hier und da kleine Änderungen vorgenommen um die Handlung zu straffen und auch natürlich zu dramatisieren. Neu aufgetauchte Tondokumente etwa zeigten Baader als sinnlos stammelnden und lispelnden Idioten im Prozess. Das lispeln wurde komplett gestrichen um keine Szene unfreiwillig komisch wirken zu lassen und auch sonst wurde Baader als cooler Ganove gezeigt.
Auch Ulrike Meinhof wird schließlich geschnappt
Der Film umschifft gekonnt heikle Themen und lässt noch heute offene Fragen ebenfalls unbeantwortet. Wer erschoss Buback vom Motorrad aus, wer erschoss Hanns Martin Schleyer und auch beim Selbstmord der Stammheimer ist man als Zuschauer nicht dabei und weiß also nicht ob sie es tatsächlich selbst waren, auch wenn Mohnhaupt später sagt sie hätten es selbst getan. Auch fehlt Joshka Fischer oder Otto Schily als Anwälte der Terroristen, wohl zu heikel für den Film. Eine Figur ist komplett erfunden, nämlich die vom Assistenten von Horst Herold, man brauchte hier jemanden mit dem Herold reden konnte um sein Handeln zu verdeutlichen.
Was ich so ein wenig ankreiden könnte wäre die oft nicht klare Rollenverteilung als Außenstehender kriegt man oft nicht mit wer denn da nun wer ist. Ich glaube der Name von Raspe oder Klar fällt nicht, auch wenn sie im Film mitspielen und gerade bei Christian Klar der nun wieder auf freiem Fuß ist hätte ich es passend gefunden wenn man seine Taten im Film noch mal aufzeigt.

Die DVD hat mit 143 Minuten schon jetzt eine beachtliche Länge, im ZDF lief von dem Film jedoch eine Langfassung in zwei Teilen, die ebenfalls als DVD erhältlich war, hier war die Gesamtlaufzeit nochmals über 30 Minuten länger und ich fand diese Version auch noch besser als die aus dem Kino, aber mich interessiert das Thema ja auch ziemlich.

Bei den Darstellern geben sich die deutschen Top-Darsteller die Klinke in die Hand, Bruno Ganz, Heino Ferch, Moritz Bleibtreu, Johanna Wokalek, Martina Gedeck, Hannah Herzsprung, Nadja Uhl, Alexandra Maria Lara, Jan Josef Liefers und selbst kleinste Rollen wie den Attentäter von Rudi Dutschke wurden mit Tom Schilling mit bekanntem Namen besetzt.
Besonders Johanna Wokalek als Ensslin überzeugt im Film
Das Buch ‚Der Baader Meinhof Komplex’ wurde von Stefan Aust geschrieben und dieser war bei der Produktion auch dabei um alles in möglichst großer Realität auf die Leinwand zu bringen. Uli Edel führte Regie und Bernd Eichinger hatte auch noch seine Finger als Produzent mit im Spiel. Auch hier Topnamen, ein Oscar wurde zwar anvisiert und es gab auch eine Nominierung als bester nicht englischsprachigen Film, gewonnen hatte jedoch (leider) ein anderer Film.

Fazit: Der Film zeigt ein komplett anderes Deutschland auf, für mich, ein Kind der 80er-90er Jahre unvorstellbar das Leute in einer Wohlstandsgesellschaft so extrem werden. Terror im eigenen Land von eigenen Leuten, nicht irgendwelche Fremden, nein Leute mitten unter uns. Ein Stück deutsche Geschichte, die so komplex ist das sie kaum in einen Film passt.
Das man nicht die Schleyer Entführung komplett zeigt oder das Drama in Stockholm oder die Landshut, finde ich nicht schlimm, was ich aber schade finde ist die Figurenfülle, die drei Hauptfiguren kennt man, aber wenn man es nicht weiß kriegt man kaum mit wer von denen nun Jan Phillipp Raspe oder wer Christian Klar war. Einfach weil es so viele Figuren gibt und man bei den Nebenrollen weniger wert drauf legt dass der Zuschauer auch genau weiß wer denn da gerade dran ist, sicher der Schwerpunkt liegt bei der ersten Generation, dennoch hätte ich das ganz informativ gefunden, gerade in Hinblick auf die Entlassung von Christian Klar aus der Haft. Dass das Publikum hier noch mal zu sehen bekommt warum der Herr weggesperrt war, er war halt nicht der liebe Theateronkel sondern er ist ein Terrorist und Mörder das eine war er vielleicht, das andere wird er immer sein, denn ein genommenes Leben kann man nicht wiedergeben. Wie auch immer, zurück zum Film, Ausstattung, Darstellung und Handlung im Großen und Ganzen Top! Hier und da mal etwas holperig, bis unübersichtlich, aber auf jeden Fall ein toller, zu einem Thema was mich sehr interessiert. 8 von 10 möglichen Punkten.

Nochmal zu empfehlen zum Thema sind ebenfalls die Filme Mogadischu und Todesspiel, dann weiß man Bescheid. ;)


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